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Probleme, die mit dem Handwerk verbunden sind, gehören zu Themen, die in der archäologischen Literatur sehr oft berührt werden. Es werden dabei vor allem diese Fachgebiete besprochen, zu denen bereits zahlreiches Untersuchungsmaterial zur Verfugung steht. Archäologische Untersuchungen, die an diesen Fundstellen geführt werden, wo besonders günstige Verhältnisse zur Erhaltung von Erzeugnissen aus Holz, Baumrinde, Fasern oder Leder herrschen, liefern uns Flechterzeugnisse, die eine weite Anwendung in allen Wirtschaftszweigen gefunden haben. Die Flechlkunst wird im allgemeinen für eine der ältesten technischen Fertigkeiten, die von dem Menschen beherrscht wurden, und für den am weitesten verbreiteten Herstellungszweig gehalten. Trotzdem wurde das Flechten nie für ein gesondertes Handwerk anerkannt. Es gehört auch zu den traditionellsten Beschäftigungen außerhalb der landwirtschaftlichen Tätigkeit. Mit diesem Handwerk beschäftigten sich vor allem landarme und landlose Bauern, weiter Ältere und Behinderte - im allgemeinen waren es Menschen, die ihren Lebensunterhalt nur auf diese Weise beschaffen konnten. Dies halle einen entscheidenden Einfluß auf die gesellschaftliche Position des Herstellers. Zu den meistbenutzten Rohstoffen, die beim Flechten verwendet wurden, gehören Weidenruten — von den Weidenbäumen aus der Salix-Familie. Beim Weidenruten-, Wurzel-, und Zweigenschneiden oder beim Abreißen der Baumrinde benutzte man Messer, Sichel, Halbsensen, Scheren und Gartenmesser (Abb. 1, la, 1b). Zur Gewinnung von Baumrinde dienten auch spezielle Zangen (Abb. 2). Beim Spalten und Zerhacken bediente man sich auch spezieller Werkzeuge - der sog. Holzspalter (Abb. 3). Beim Flechten benutzte man auch Stampfer (Abb. 7), Ahlen (Abb. 8 und 8 a), Geraderichter und Verbieger (Abb. 9) sowie eine ganze Reihe von anderen Werkzeugen (z .B. Zangen, Messer, Bretter, Reifen, Bohrer, Sägen u sw.). Man benutzte auch verschiedene Werkbänke (Abb. 5 und 6). Die heutigen Flechthandwerker bedienen sich spezieller beinerner Werkzeuge, die den in den archäologischen frühmittelalterlichen Fundstellen in grossen Mengen gefundenen sehr ähnlich sind, und die Nadel oder Pfrieme genannt werden (Abb. 17). Heutzutage kann man drei Arten des Flechtens unterscheiden: 1. Rippen-Kreuzflechten (die populärste Art); 2.Spirales Flechten; 3. Flechten mit Zopftechnik. Die Unterwasserforschungen an den Lednicaer Brücken, sowie an dem östlichen Brückenkopf der Gnesener Brücke haben uns einige Gegenstände, die mit Hilfe der Fiechltechnik angefertigt worden waren, geliefert. In der Trümmerhalde der östlichen Brücke (Fundstelle 3b) wurde ein Fragment von einer Weidenoder Lindenmatte gefunden (Abb. 10). Es handelt sich um vier flache Reifen, die 3 -5 cm breit und im rechten Winkel miteinander verflochten sind, wobei sie ein Fragment mit den Massen: (ca.) 12 x 16 cm bilden. Auf der Insel (Brückenkopf, Fundstelle 2) wurden in Schicht III (die auf die zweite Hälfte des 11. Jh datiert wird) Fragmente ein es Korbes mit dem Bodendurchmesser von ca. 25 - 30 cm (Abb. 11, 12, 13) und ein “Weidenreifen” mit dem Durchmesser von 10 - 12 cm (Abb. 14, 15) entdeckt. Im Subustium der Lednicaer Burg (Fundstelle 2, Ar 559/600 und 600) wurden Fragmente von umgekippten geflochtenen Wanden (Abb. 16) entdeckt. Die Tatsache, daß das Flechthandwerk (Korbflechterei) für ein gesondertes Handwerk nicht anerkannt wurde, ist u.a. auch durch den niedrigen gesellschaftlichen Status der Herrsteller, eine verhältnismäßig geringe Zahl der Flechterzeugnisse und durch das Fehlen der Aussonderung der Flechtwerkzeuge im archäologischen Material verursacht. Die Tradition deß Flechthandwerks am Lednica-See überdauerte bis heute. Auf dem Gelände des Großpolener Ethnographischen Parks kann man wahrend des jahr jährlich veranstalteten “Lebendigen Freilichtmuseum s” Herrn S. Mazurowski — dem letzten Korbflechter am Lednica-See, bei der Arbeit Zusehen (Abb. 18).