DE
Das frühmittelalterliche, mit der II. Kirche in Lednica verbundene Gräberfeld liegt im Nordteil der Burg. In seiner Raumanordnung können folgende Objekte abgesondert werden: 1. — innerkirchliche Nekropole, die a) — Gräber im Schiff und b) — Gräber in Annexen umfasst und 2. — das kirchliche Gräberfeld (13 Gräber). Die Nekropole bei der II. Kirche gehört zur Gruppe der Flachgräberfelder. Die Grabgruben vertreten die eingetieften Gräberformen, meistens ohne Setzung. Eine ungewöhnliche Position nehmen 2 Gruften im Schiff, Gräber in Annexen und die mit Kalkplatten bedeckten Gräber ein. Die Gräber im Schiff lassen zu, sie zu den innerkirchlichen Nekropolen zu zählen, die nach dem den ersten Piasten und auch früher in Großmähren bekannten westlichen Modell eingerichtet waren, in dem die Mittelteile der Hauptschiffe die Funktion von Gräberfeldern für Herrscher, Stifter oder kirchliche Vorgesetzten dieser Tempel spielten. Die Genese dieses Brauchs, Gräber in zentralen Kirchenteilen zu unterbringen, ist mit Spanien und germanischen Ländern verbunden. Erste piastische Entsprechung dieses europäischen Trends waren der Dom in Gniezno mit den Gräbern des Hl. Wojciech und der Dąbrówka, der Dom in Poznań mit Gräbern polnischer Herrscher und eine kleine Kirche in Lednica. Diese letzte eröffnet eine Serie polnischer Kirchen mit Gräbern in Annexen, weil andere Sakralvoraussetzungen mit Gräbern in Anbauen jünger als sie sind (z.B. Kraków — Wawel, Annexe bei der Hl. Jungfrau-Rotunde — Mitte des 11. Jh.). Auf dem Kirchengräberfeld sind zwei mit Kalkplatten (Abb. 1,2) bedeckten Gruften, die bei der nordwestlichen Kirchenecke lokalisiert waren und verhätnismäßig viele Gräber, in den die Toten in Holzsetzungen (Abb. 3) bestattet waren, bemerkenswert. Ein Ausdruck von Christianisierung der Bestattungsritten ist die Orientierung der Gräber auf betreffendem Gräberfeld, auf dem sämtliche Toten (mit Ausnahme der im Grab 14, Abb. 4) in der Ost-West-Achse, mit dem Kopf nach Westen, auf den Rücken in ausgestreckter Position gelegt waren. Außerdem wiederholen sich regelmäßig die ausgestreckten Hände, die in 10 (11 ?) Fällen (vide Gräberverzeichnis) freigelegt wurden. Wegen einer spezifischen Position des Gräberfeldes im Inneren der Kirche und in der Umgebung der II. Kirche mußte das Bild der dort bestatteten Bevölkerung ziemlich ungewöhnlich sein. Zu bedenken ist, daß es eine geringe Anzahl an Gräbern um die Kirche gibt; außerdem wurden in 6 von 13 Gräbern die Kinder bestattet. Die so geringe Gräberzahl bei der Kirche und ihr Mangel auf der Presbyteriumseite ist uns grundsätzlich von den polnischen Kirchengräberfelder dieser Zeit nicht bekannt. Charakteristisch ist auch der Mangel an Grabbeigaben, weil sie nur in den Gräbern 2 und 7 (vgl. Gräberverzeichnis) von insgesamt 19 gefunden sind. Im Lichte der dargestellten Tatsachen scheint das Problem der Bestimmung des Status von den um die Kirche bestatteten Personen interessant zu sein — wir können von den jung gestorbenen Vertretern frühpiastischer Elite (entweder Geistliche oder verbunden mit der Dynastie) sprechen. Die Bestimmung der Gräberchronologie laßt 2 Phasen (I, II) der Gräberbenutzung des betreffenden Gräberfeldes zu unterscheiden. Mit seiner I. Phase, datiert in die 1. Hälfte des 11. Jh. — genauer gesagt bis zur Zeit der Vernichtung der Kirche in 1038/1039 (Anfall des Brzetysław von Böhmen) — können wir die innerkirchliche Nekropole (Gräber 1 - 6) sowie die tief eingegrabenen Gräber 9 - И , welche mit Gräbern aus dem Schiffsannex eine Reihe bilden, (Abb. 5) zählen. Die Phase II bestimmen sonstige Gräber, die in die Wende der 1. und 2. Hälfte des 11. und 12. Jh. (Abb. 6) datiert werden. Die innerkirchliche Nekropole ist außerdem mit der dynastischen Stiftung verbunden. Ihre frühe Entstehungszeit, ähnlich wie die frühe Datierung des Kirchengräberfeldes (die älteste von den uns bekannten polnischen Nekropolen dieses Typs) laßt zu, ihnen eine besondere Rolle im System der ideologischen Organisation frühpiastischer Herrscher zuzuschreiben. Endlich ist hinzuzufügen, das das architektonische Programm der Kirche eine Determinante sepulklarer Bedürfnisse war, weil der Tempelausbau (II. Phase der Kirche) ein Ergebnis dessen war, daß die Gräber immer neue Zonen belegten, die mit der Zeit außerhalb des Bautes hinausgegangen sind und das Gelände neben der Kirche umfaßten.