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Dieser Beitrag hat zum Thema einen Versuch, die Widerspiegelung der Formierung des polnischen Staates in den archäologisch aufgezeichneten Wandlungen der Organisation von Ansiedlung im frühmittelalterlichen Grosspolen zu erfassen. Es stellt eine Fortsetzung von Nachforschungen der Autorin auf diesem Gebiet dar. An eine Konzeption von H. Łowmiański anknüpfend, für den die Erfassung einer Gebiete von der Burg - sowie kirchlichen Organisation eine Determinante für die Vereinigung einzelner Gebiete mit dem Staat der Polanen bedeutete, unterwirft die Verfasserin die Verteilung und die Zeit der Entstehung von Burgen auf dem Gebiet von Grosspolen einer Analyse und versucht, in den erhaltenen Kartogrammen der Burgen aus den aufeinanderfolgenden Entwicklungsstufen Daten herauszubekommen, welche dieses Problem beleuchten konnten. Das Netz von Stammesburgen unterscheidet sich grundsätzlich von den in der frühen Piastenzeit entstandenen Burgen (Abb. 1 und 2). In dem Aufbau von Burgen zeichnen sich noch wenig erkannte Störungen um die Wende vom 8. zum 9. Jh. und im 9. Jh. ab (es verschwinden viele ältere Burgen und entstehen neue, jedoch nicht so zahlreich, in den nordöstlichen Regionen von Grosspolen). Dieses Problem erfordert weitere Forschungen, doch zeichnet sich vielleicht in diesen Wandlungen eine Entwicklung ab, welche zur Formierung eines staatsbildenden Zentrums der Polanen führte. Deutlicher lesbar sind dann weitere Etappen der Entstehung einer Staatsorganisation in den Wandlungen des Burgennetzes. Es ist gelungen eine Gruppe dieser in der 1. Hälfte des 10. Jh. bereits bestehenden oder in dieser Zeit entstandenen oder gar in das 9. Jh. zurückreichenden Burgen auszusondern. Es sind dies hauptsächlich Burgzentren direkt in der Mitte des Polanenstaates: Gniezno, Ostrów Lednicki, Moraczewo; ihre genaue Entstehungszeit sowie ihre gegenseitigen Beziehungen sind Gegenstand weiterer Studien. Um die Hälfte des 10. Jh. entsteht eine ganze Reihe Burgen, welche dieses polanische Zentrum allseitig in einer Entfernung von etwa 50 bis 60 km umringen (Poznań an der Warta, eine Gruppe Burgen im Fluβgebiet der Wełna, dann weiter östlich Biskupin und Mietlica am Gopło-See und schließlich im Süden Spławie an der Warta; s. Abb 2). Diese Etappe des Burgenaufbaus, in der deutlich die Richtung auf eine Stärkung des Zentrums des sich ausgestaltenden Staates eingeschlagen war, wo die militärischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kräfte konzentriert waren, entspricht der aus der Analyse von schriftlichen Quellen bekannten Entwicklungsetappe des Staates von Gniezno mit Pertinenzien. Zur selben Etappe gehört die Errichtung bzw. der Umbau von Burgen in den Schlüsselpunkten auf den Wegen gegen Westen und Nordwesten (Międzyrzecz, Santok) sowie gegen Südosten (die Gegend von Kalisz und womöglich Kalisz selbst), was die Ausbreitungsrichtungen des Staates bestätigt. Die Ende des 10./Anfang des 11. Jh. erbauten Burgen hatten nicht nur einen strategischen, sondern auch Siedlungscharakter, sind nämlich jene Punkte, welche den Siedlungsraum organisieren und die Kolonisation bestimmen. Es zeugt davon besonders ihre Verdichtung in manchen Gegenden (z.B. im südlichen Grosspolen). Es entstehen auch viele neuen Burgen an den Hauptstraßen nach Nordosten und Osten (Żnin, Nakło, Kruszwica). Eine Verlängerung dieser Bauunternehmen in Grosspolen sind zahlreiche Burgen aus derselben Zeit in der Ziemia Chełmińska und dem nördlichen Mazowien. Zur Zeit ist es immer noch schwierig die genaue Entstehungszeit, demnach auch den Bauherrn der Burgen in Schlesien und Kleinpolen festzustellen. Die Krise, welche über den polnischen Staat gegen Ende der dreißiger Jahre des 11. Jh. hereinbrach, die inneren Unruhen und der Überfall des tschechischen Fürsten Brzetysław, all das verursachte die Vernichtung vieler Burgen samt den Hauptzentren in Gniezno, Ostrów Lednicki und Poznań (Abb. 3). Ein Teil der Burgen wurde dann wiederaufgebaut, besonders die wichtigeren Zentren, im allgemeinen aber das Burgennetz gelichtet und manche Zentren ersten Ranges kamen zur Gruppe einfacher Kastellanenburgen herunter, welche nunmehr das Gebiet von Grosspolen in einer verstärkt regulären Weise bedeckten und somit eine neue Etappe der territorialen Organisation des polnischen Staates anfingen.